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Bürgerbeteiligung – Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen geplant

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Die sächsische Verfassung gibt den Bürgern das Recht, per Volksantrag eigene Gesetzesvorlagen auf Landesebene in das sächsische Parlament einzubringen.

Hierzu enthält die Verfassung die Artikel 70 bis 76, in denen der Rahmen für Volksantrag, Volksbegehren und Volksentscheid festgelegt wird. Für einen Volksantrag werden die Unterschriften von 40.000 Unterstützern benötigt und für das anschließende Volksbegehren werden 450.000 Unterschriften benötigt. Erst danach kann der Volksentscheid stattfinden, wie bei Wahlen an der Wahlurne mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Ein langwieriger und bürokratischer Prozess, der von den Initiatoren einiges an organisatorischen und finanziellen Aufwand abfordert. Den letzten erfolgreichen Volksantrag gab es 2019 bis 2020 und den letzten erfolgreichen Volksentscheid gab es 1999 bis 2001.

Sachsen ist weit von einer aktiven Bürgerbeteiligung auf Landesebene entfernt.

Im Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode 2019 bis 2024 in Sachsen hatten sich die Regierungsparteien auf Verbesserung der Bürgerbeteiligung verständigt. Nachdem die Legislaturperiode fast verstrichen ist, hat man sich doch noch aufgerappelt, die Versprechung der besseren Bürgerbeteiligung einzulösen und hat per 05.12.2023 einen Gesetzesentwurf vorgelegt.

Es ist nicht der große Wurf!

Aus meiner Sicht greift die vorgeschlagene Veränderung für Volksantrag/Volksentscheide zu kurz. Es bleibt eine scheinbare Möglichkeit der Bürgerbeteiligung. Außer einer Absenkung der benötigten auf ca. die Hälfte der Unterstützerunterschriften, gibt es wenig Fortschritt.

Mehr Bürgerbeteiligung soll es nur im Paket mit weiteren Änderungen der Verfassung geben, wie „Klimaschutz“, Bekenntnis zu Europa und Gleichheitsgrundsätzen.

Man gewinnt den Eindruck, dass schnell noch etwas seitens der Koalitionspartner zusammengestellt wurde, um das Gesicht zu wahren.

Grundvoraussetzung für einen Volksantrag ist ein Gesetzentwurf und das Sammeln von Unterschriften (dann neu ca. 20.000 bzw. 0,6%). Sämtliche Vorleistungen müssen durch die Initiatoren selbst organisiert und finanziert werden. Dies grenzt den Kreis derjenigen die dies stemmen können schon erheblich ein. Erfahrungen hierzu können sicherlich die Initiatoren des aktuell laufenden Volksantrages „5 Tage Zeit für Sachsen“ https://www.zeit-fuer-sachsen.de/ sammeln.

Für einen wirklichen Ansatz zur Bürgerbeteiligung müsste meiner Meinung nach noch folgendes aufgenommen werden:
 
Beratungspflicht

Die Landtagsverwaltung hat gegenüber den Initiatoren eines Volksantrages eine Beratungspflicht. Z.B. muss die Gesetzesvorlage von der Verwaltung innerhalb einer festen Frist vorgeprüft werden. Die Initiatoren bekommen bei der Landtagsverwaltung einen festen „Mentor“ für Inhaltliche und organisatorische Fragen.
 
Veröffentlichungspflicht

Die Landtagsverwaltung hat sicherzustellen, dass der Start des Volksantrag auf der Beteiligungsplattform Sachsens und in den Amtsblättern öffentlich gemacht wird.

Bereitstellung öffentlicher Räume für die Initiatoren

Es muss generell eine Unterschriftensammlung in elektronischer Form möglich werden. Die Ressourcen hierfür sind von der Landtagsverwaltung bereitzustellen.

Für Unterschriftensammlungen vor Ort sind Gemeinderäume zur Verfügung zu stellen.

Volkseinwand statt Verfassungsklage

Neu geschaffen werden soll die Möglichkeit der Überprüfung durch den sächsischen Verfassungsgerichtshof auf Antrag von 0,6% der Stimmberechtigten oder von 10% der Mitglieder des Landtages. Anscheinend besteht die Absicht, zu erwartende Mehrheitsänderungen im Parlament auszugleichen.

Die Möglichkeit der Überprüfung von Gesetzen auf dem Weg der Verfassungsklage sollte besser durch einen Volkseinwand mit 3% Unterschriften der Wahlberechtigten erfolgen. Dies würde die Qualität der Gesetzesvorlagen im Parlament verbessern. Entscheidungen Gerichten zu überlassen verlängert das Verfahren erheblich.

Das sächsische Parlament muss sich mit der Gesetzesvorlage noch auseinandersetzen. Wir erwarten heiße Diskussionen.

Thomas Linke, für den FA Bürgerbeteiligung, dieBasis LV Sachsen

Quellen:

Der Gesetzesentwurf zur Änderung der sächsischen Verfassung vom 05.12.2023 ist hier einzusehen: https://edas.landtag.sachsen.de/redas/#/search?wahlperiode=7&dokumentart=Drs&eingrenzung_volltext=true&eingrenzung_titel=true&eingrenzung_abstract=true&nurBasisdokument=true&nurErstinitiative=false&text=Drucksache+7%2F15055&replace=true.

Koalitionsvertrag ist hier einzusehen:

https://www.cdu-sachsen.de/Dateien/koalitionsvertrag-2019-2024/3344108

Volksanträge, Volksbegehren und Volksentscheide seit 1990:

https://www.landtag.sachsen.de/de/mitgestalten/volksgesetzgebung/volksgesetzgebung-seit-1990-9216.cshtml

Fotoquelle: Bild von Ray Shrewsberry • auf Pixabay